Refbejuso - Tätigkeitsbericht 2019

35 Departement Theologie Strategisch stand das Jahr für das Departement Theologie unter dem ersten Leitsatz der Vision «Auf die Bibel hören – nach den Menschen fragen». Operativ konzentrierten sich viele Arbeiten darauf, in jeder Beziehung für den anstehen- den Wechsel vom Staat zur Kirche für die ganze Pfarrschaft bereit zu sein. Die rund fünfhundert Betroffenen sollen sich bei ihrer Kirche willkommen wissen. Gemeinsam theologische Verantwortung tragen Sicher, eine radikale Veränderung wird mit dem Wechsel der Anstellungsver- hältnisse nicht passieren, aber er eröffnet die schöne Chance, das Miteinander von Kirchenleitung und Pfarrschaft neu zu entdecken und zu gestalten. Eine Chance auch deshalb, weil gewichtige Fragen zur künftigen Gestaltung unserer Kirche anstehen, für die ein gemeinsames Vordenken bedeutsam ist. In vielen Kirchgemeinden wird zum Beispiel das Gottesdienstangebot stark verringert. Damit verändert sich auch das Verständnis des Gottes- dienstes als Zentrum des kirchlichen Lebens. Und die Frage drängt sich auf, wenn nicht mehr im Gottesdienst, wo dann hat das kirchliche Leben sein Zentrum? Im vergangenen Jahr haben sich nicht nur in den Randregionen die Anzeichen eines kommenden Pfarrer- mangels verdichtet. Das Pfarramt hat im Wandel der Gesellschaft viel von seiner Attraktivität verloren. Nötiger Nachwuchs bleibt aus. Junge Pfarrerin- nen und Pfarrer verlassen das Amt und steigen aus. Folgen nun nach den leeren Kirchenbänken auch die leeren Kanzeln? Dahinter steht die Frage, wie wir künftig als Kirche unseren Auftrag erfüllen wollen, «allem Volk in Kirche und Welt die Frohe Botschaft von Jesus Christus zu verkündigen». Und noch ein dritter Themenkomplex will erwähnt sein: die Residenzpflicht. Viele Pfarrer und Pfarrerinnen wohnen gerne in Pfarrhäusern und nehmen die damit verbundenen Aufgaben bewusst wahr. Sie erleben, wie ein grosser Teil der Bevölkerung das schätzt und anerkennt. Andere möchten sich lieber von dieser traditionellen Lebensform des Pfarramtes lösen und wünschen Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort. Es geht um das sehr verständliche Bedürfnis nach mehr Privatheit und Anonymität auch im Leben als Pfarrerin oder Pfarrer. Nun ist aber die Frage nach der Residenz des Pfarramtes keine individuelle oder rein kirchenpolitische, sondern eine bedeutend ekklesiologische Frage und kann nicht bloss strukturell beant- wortet werden. Abschaffung oder Er- halt der Dienstwohnungspflicht, egal, welche Entscheidung getroffen wird, das Bild und die Stellung der Kirche in der Gesellschaft wird damit gewichtig geprägt werden und die Entscheidung muss mit Bedacht erfolgen. Welche Antworten gibt eine «von Gott bewegte» Kirche auf all solche Fragen? Nur schon an diesen drei Beispielen wird überdeutlich, wie sehr die künf- tige Gestaltung unserer Kirche nach theologischer Reflexion verlangt. Gut, wenn die Kirche und die Pfarrschaft zusammenrücken, die Herausforde- rung gemeinsam annehmen, im Hören auf die Bibel theologische Erkenntnis finden und bei allem Fragen nach den Menschen deren Bedürfnisse immer wieder würdigen, zum Wohl der Kirche und zur Ehre Gottes. Iwan Schulthess Departementschef Theologie

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